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Klimarisiken im Fokus: Warum Nichtstun Unternehmen und Volkswirtschaften teuer zu stehen kommt – Perspektiven auf die Kosten der Klimakrise

  • Sucona-Team
  • 15. Juli
  • 5 Min. Lesezeit

© Bernd März / DPA
© Bernd März / DPA

Die Klimakrise ist längst keine abstrakte Bedrohung mehr, sondern eine reale Herausforderung, die sich direkt auf Unternehmensbilanzen und volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit auswirkt. Zwei interessante Studien – die globale „The Cost of Inaction: A CEO Guide to Navigating Climate Risk“ des Weltwirtschaftsforums (WEF) und unserer Kolleg*innen der Boston Consulting Group (BCG), die auf Deutschland fokussierte Studie „Volkswirtschaftliche Folgekosten durch Klimawandel: Szenarioanalyse bis 2050“ der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS), sowie der Weltbank-Bericht "Unlivable" – beleuchten eindringlich, welche finanziellen Konsequenzen Untätigkeit hat und warum Klimarisikomanagement zur Chefsache werden muss.

Die Kernbotschaft: Untätigkeit ist die teuerste Option

Alle drei Berichte stellen klar: Jedes Unternehmen und jede Volkswirtschaft wird die Kosten ausbleibender Klimaschutzmaßnahmen spüren. Die entscheidende Frage ist nicht ob, sondern wie stark sie betroffen sein werden. Während die Anpassung an den Klimawandel und die Dekarbonisierung Investitionen erfordern, könnten die langfristigen Kosten des Nichtstuns diese Ausgaben um ein Vielfaches übersteigen. Klimabedingte wirtschaftliche Schäden haben sich seit dem Jahr 2000 bereits mehr als verdoppelt.

Finanzwirtschaftliche Perspektiven der Klimarisikoanalyse: Eine vielschichtige Betrachtung

Die Studien identifizieren verschiedene Kategorien von Risiken, die direkte finanzielle Auswirkungen haben. Während der WEF-Bericht eher eine globale und unternehmensspezifische Perspektive einnimmt und GWS-Studie GWS-Studie detaillierte Einblicke in die makroökonomischen Folgekosten für Deutschland liefert, ergänzt der Weltbank-Bericht die Sicht auf die konkreten, städtischen Auswirkungen extremer Hitze.

1. Physische Risiken: Die direkten Auswirkungen auf Vermögenswerte und Operationen

Physische Risiken sind für uns alle greifbar und immer häufiger in den Berichterstattungen zu verfolgen. Dazu gehören extreme Wetterereignisse wie Stürme, Überschwemmungen, Dürren und Waldbrände. Die finanziellen Auswirkungen sind enorm:


  • Schäden an Infrastruktur und Vermögenswerten: Unternehmen mit umfangreichen physischen Anlagen und komplexen Lieferketten sind besonders gefährdet. Stromnetze, Kraftwerke oder Produktionsstätten können schwer beschädigt werden, was zu Ausfallzeiten und hohen Reparaturkosten führt. Die GWS-Studie quantifiziert dies für Deutschland und zeigt, dass Schäden an Gebäuden und Infrastruktur durch Starkregen und Flusshochwasser signifikante volkswirtschaftliche Folgekosten verursachen. Kumulierte Kosten durch Schäden an Gebäuden und Infrastruktur für Deutschland von 2022-2050 können bei einem starken Klimawandel bis zu 45 Mrd. Euro betragen. Der Weltbank-Bericht hebt zudem hervor, dass das Altern von städtischer Infrastruktur, wie Straßen, Schienen und Stromnetzen, diese noch anfälliger für Hitzeschäden macht.

  • Betriebsunterbrechungen und Umsatzeinbußen: Längere Stromausfälle oder Unterbrechungen von Lieferketten durch Extremwetter können den Umsatz signifikant schmälern. Die GWS-Studie hebt hierbei auch die Beeinträchtigungen der Binnenschifffahrt durch Niedrigwasser hervor, die den Warenverkehr stören und kumulierte Wirkungen auf das reale BIP im Mrd.-Euro-Bereich haben können. Erst im April diesen Jahres konnte man in Deutschland einen Eindruck dieses konkreten Szenarios und dessen Auswirkungen bekommen. "Nicht mal im Negativ-Rekordjahr 2018 ging dem Rhein so früh das Wasser aus" schreibt u.a. das ZDF und hebt ebenfalls die negativen Auswirkungen für die Wirtschaft hervor.

  • Steigende Kosten für Rohstoffe und Betriebsmittel: Klimawandelbedingte Ernteausfälle oder Wasserknappheit können die Preise für Agrarprodukte oder wasserintensive Ressourcen drastisch erhöhen. Die GWS-Studie prognostiziert für Deutschland Ertragsausfälle in der Land- und Forstwirtschaft, die zu Preissteigerungen und dadurch zu erheblichen volkswirtschaftlichen Folgekosten führen. Kumulierte Kosten für Ertragsausfälle in der Landwirtschaft können bis 2050 bei starkem Klimawandel bis zu 38 Mrd. Euro erreichen. Zum Vergleich: Im Dürrejahr 2018 erlebte die deutsche Landwirtschaft außergewöhnlich hohe Ertragsverluste und wirtschaftliche Schäden in Höhe von ca. 3 Milliarden (Deutscher Bauernverband).

  • Einfluss auf die Arbeitsproduktivität: Der Weltbank-Bericht macht auf die direkten wirtschaftlichen Kosten durch Hitze aufmerksam. Er besagt, dass die steigenden Temperaturen die Produktivität von Arbeitnehmern in Städten, insbesondere in Sektoren mit viel Outdoor-Arbeit, verringern. In einigen Regionen Europas und Zentralasiens könnten die wirtschaftlichen Verluste dadurch bis zur Mitte des Jahrhunderts 2,5 % des BIP erreichen.

  • Versicherungskosten: In Hochrisikogebieten ziehen sich Versicherer zunehmend zurück oder erhöhen Prämien drastisch, was die Betriebskosten für Unternehmen in diesen Regionen massiv steigert.

  • Auswirkungen auf Gesundheitssystem und Arbeitsmarkt: Die GWS-Studie beleuchtet zusätzliche physische Auswirkungen, die das WEF nur implizit anspricht, nämlich die Auswirkungen auf das Gesundheitssystem durch hitzebedingte Krankenhausaufenthalte und die Zunahme von Arbeitsunfähigkeitstagen, was ebenfalls negative Auswirkungen auf das reale BIP hat. Sie zeigt auch, dass die Gesamtzahl der Erwerbstätigen sinkt und es zu strukturellen Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt kommen kann.

  • Risiko für EBITDA und Unternehmenswert: Der WEF-Bericht warnt, dass physische Risiken bei unvorbereiteten Unternehmen zwischen 5 % und 25 % ihres EBITDA bis 2050 gefährden könnten.


2. Transitionsrisiken: Die Kosten der Transformation und des politischen Wandels

Transitionsrisiken entstehen durch den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Sie resultieren aus neuen Politiken, Technologien, Marktveränderungen und sich wandelnden Konsumentenpräferenzen:


  • Kosten durch CO2-Bepreisung und Regulierung: Unternehmen, die ihre Emissionen nicht schnell genug reduzieren, riskieren signifikant höhere Kosten durch Kohlenstoffpreise oder vergleichbare Regulierungen. In emissionsintensiven Sektoren könnten diese Zusatzkosten bis zu 50 % des EBITDA erreichen.

  • Abschreibungen auf fossile Vermögenswerte: Unternehmen mit einer hohen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen oder Technologien könnten gezwungen sein, Vermögenswerte (sogenannte „Stranded Assets“) abzuschreiben, da deren Wert im Zuge der Dekarbonisierung sinkt.

  • Veränderte Nachfrage und Marktanteile: Eine schnellere Umstellung auf nachhaltige Produkte und Dienstleistungen kann zu einem schneller als erwarteten Nachfragerückgang für fossile Brennstoffe und Technologien führen. Wer nicht mitzieht, verliert Marktanteile.

  • Auswirkungen auf Unternehmensbewertungen: Kapitalmärkte reagieren sensibel auf langfristige Bedrohungen der zukünftigen Performance. Frühe Signale erhöhter Transitionsrisiken könnten die Unternehmensbewertung beeinträchtigen, noch bevor diese Risiken vollständig materialisieren.


Die finanzielle Logik der Klimaanpassung und -minderung: Investitionen zahlen sich aus

Die Berichte unterstreichen die Notwendigkeit von Investitionen in Klimaanpassung und -minderung und zeigen deren klaren Business Case auf.


  • Der WEF-Bericht betont, dass Unternehmen berichten, dass ihre derzeitigen Investitionen in Anpassung und Resilienz zwischen 2 und 19 US-Dollar für jeden investierten Dollar einbringen könnten.

  • Die GWS-Studie bestätigt dies aus volkswirtschaftlicher Sicht für Deutschland: Anpassungsmaßnahmen können dazu beitragen, die möglichen Schäden und Kosten der Klimawandelfolgen zu reduzieren und sollten daher als lohnend eingestuft werden. Zusätzliche Investitionen in Bauten und Ausrüstungen können die negativen ökonomischen Folgen sogar kompensieren oder überkompensieren. Die Studie zeigt, dass Anpassung selbst bei einem starken Klimawandel die kumulierten negativen Effekte auf das reale BIP erheblich abmildern kann.

  • Der Weltbank-Bericht untermauert dies, indem er feststellt, dass sich für jeden in die Anpassung an Hitze investierten Euro die Vorteile auf 2 bis 20 Euro belaufen könnten.


Fazit: Ganzheitliches Risikomanagement und Handlungsbedarf

Die Studien sind deutliche Weckrufe: Klimarisikomanagement ist keine isolierte ESG-Aufgabe, sondern ein kritischer Bestandteil des finanziellen Risikomanagements und der strategischen Unternehmensführung.

Die unangenehme Wahrheit: Eine Strategie ohne Berücksichtigung von Klimaanpassungsmaßnahmen ist keine wirkliche Strategie – sie ist ein unkalkulierbares finanzielles Risiko.

Während die GWS-Studie detaillierte quantitative Analysen der volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels für Deutschland liefert und hervorhebt, dass die berechneten Kosten nur eine Untergrenze darstellen, da nicht-monetäre Schäden (z.B. Todesfälle, Verlust von Biodiversität) nicht berücksichtigt sind und Unsicherheiten in den Szenario-Annahmen bestehen, gibt der WEF-Bericht den CEOs einen klaren Leitfaden an die Hand:

Leitfaden für CEOs: Effektives Klimarisikomanagement

Der WEF-Bericht skizziert vier Schritte für ein effektives Klimarisikomanagement, die für Unternehmensführer von entscheidender Bedeutung sind:

Schritte zur Risikobewältigung:


  1. Umfassende Klimarisikobewertung: Führen Sie ein quantifiziertes Assessment über verschiedene Klimaszenarien hinweg durch, um die potenziellen Auswirkungen auf Ihr Unternehmen zu verstehen.

  2. Risikomanagement im Geschäftsportfolio: Passen Sie Ihre Prozesse und Strategien an, um sowohl physische als auch Transitionsrisiken innerhalb Ihres bestehenden Geschäftsportfolios zu managen und zu mindern.

  3. Geschäftsumwandlung zur Nutzung von Chancen: Nutzen Sie die Transformation hin zu einer grünen Wirtschaft als Chance, um neue Märkte, Produkte und Dienstleistungen zu erschließen und Wettbewerbsvorteile zu generieren.

  4. Überwachung und Berichterstattung: Etablieren Sie robuste Systeme zur Überwachung der Klimarisiken und -fortschritte. Eine transparente Berichterstattung ist nicht nur Compliance, sondern stärkt das Vertrauen von Stakeholdern und Investoren.


Wer jetzt handelt, sichert die langfristige Resilienz, Wettbewerbsfähigkeit und den finanziellen Erfolg seines Unternehmens!

 
 
 

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