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KI-Agenten als ESG-Allheilmittel? Vorsicht, der nächste Hype rollt an!

  • Sucona-Team
  • 15. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

  • Aktuell sind erneut viele Versprechen zu beobachten, dass Agentic AI Ihre Nachhaltigkeitsprozesse revolutioniert und Ihnen lästige Arbeiten abnehmen wird. Doch ohne strategisches Fundament und saubere Daten wird KI nicht Ihre grüne Transformation vorantreiben oder ESG-Compliance erfüllen, sondern Enttäuschungen und falsche Kaufentscheidungen verstärken.

  • Die Analogie: Sie kaufen einen Industrieroboter für Millionen – stellen ihn aber in die Empfangshalle statt in die Produktionslinie. Beeindruckend, aber nutzlos.

  • Bevor Sie auf den Agentic AI-Zug aufspringen, fragen Sie sich: Wo ist Ihr Daten-Fließband? Was soll der 'Roboter' konkret veredeln? Ohne diese Grundlagen ist auch die beste KI nur teure Fassade.


Der große Hype und die stille Enttäuschung

Die Erzählungen der Anbieter von ESG-Reporting-Software aus den vergangenen 2 Jahren, die einen „ESG-Report auf Knopfdruck“ versprachen, gelten in der „Nachhaltigkeits-Bubble“ mittlerweile fast schon als Running Gag. In dieser unglaublich schnellen Zeit fühlt man sich fast schon wie ein Opa, der seinen Enkelkindern „von früher“ erzählt, wenn man über diese Hochphase des ESG-Softwaremarktes spricht. Mittlerweile ist jedoch das breite Bewusstsein eingekehrt, dass die Versprechungen doch höher waren als die Möglichkeiten.

Doch mitten in dieser Phase der Erleuchtung scheint sich eine neue Hoffnung breit zu machen, die sich anschiebt erneut Kaufentscheidungen herbeizuführen, die später wahrscheinlich in Enttäuschungen enden werden. Diese Hoffnung hat einen Namen: Agentic AI. 


Quelle: Forbes - The Agentic AI Hype Cycle is out of control - yet widely normalized
Quelle: Forbes - The Agentic AI Hype Cycle is out of control - yet widely normalized

Agentic AI – was ist das? Meine Einordung

"Agentic AI" (agentische KI) ist eine fortgeschrittene Form der Künstlichen Intelligenz, die sich grundlegend von den meisten heutigen KI-Systemen unterscheidet, indem sie in der Lage ist, autonom zu handeln. Schaut man sich die zahlreichen Use-Cases in diesem Bereich an, so ist eine Begeisterung über die Leistungsfähigkeiten definitiv angebracht. Doch ein Blick in die Vergangenheit lässt viele Parallelen erkennen, die helfen diesen Hype besser einordnen zu können. 

Früher bauten wir Autos mit einfachsten Mitteln per Hand zusammen. Dieser handwerkliche Ansatz war anstrengend, teuer und zeitaufwendig, was Autos zu Luxusgütern für eine kleine Elite machte. Fortan bauten wir Werkzeuge und Hilfsmittel wie das Fließband, um kleine wiederholbare Schritte zu implementieren, die wiederum zu einer Standardisierung und Kostensenkung führten. Dieser Prozess führte dazu, dass die vorhandenen Werkzeuge schließlich genutzt wurden, um Automatisierungen zu ermöglichen, die kleine wiederholbare Schritte umsetzen – und so wurden die ersten Industrieroboter am Fließband platziert. 

Wenn Sie das nächste Mal lesen, dass nun Agentic AI Ihre Nachhaltigkeitsprozesse durchführen oder gar aufbauen kann, sodass Sie Zeit und Ressourcen sparen können, so denken Sie stets an die Roboter-Analogie: 

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen hochmodernen Industrieroboter. Sie stellen ihn aber nicht in die Fabrikhalle, sondern in den Empfangsbereich. Er sieht beeindruckend aus, hilft Ihnen aber nicht. Genauso ist es mit einer KI-Lösung ohne Datenfundament. Sie kaufen einen Roboter, aber bauen kein Fließband.


  • Wo ist Ihr (Daten)-Fließband?

  • Welche Teile möchten Sie wie vom Roboter veredeln lassen?

  • In welchem Takt kann er das tun und was geschieht anschließend mit dem Ergebnis?


Der renommierte Analyst Gartner stützt diese Einschätzung: "Viele Anbieter tragen zum Hype bei, indem sie „Agent Washing“ betreiben – die Umbenennung bestehender Produkte wie KI-Assistenten, Robotic Process Automation (RPA) und Chatbots, ohne wesentliche agentische Fähigkeiten. Gartner schätzt, dass nur etwa 130 der Tausenden von Anbietern für agentische KI wirklich authentisch sind."

„Den meisten agentischen KI-Angeboten fehlt es an signifikantem Wert oder Return on Investment (ROI), da die aktuellen Modelle nicht über die Reife und Handlungsfähigkeit verfügen, um komplexe Geschäftsziele autonom zu erreichen oder im Laufe der Zeit nuancierten Anweisungen zu folgen“, sagte Verma. „Viele Anwendungsfälle, die heute als agentisch positioniert sind, erfordern keine agentische Implementierung.“

Die Twin Transformation: Daten und IT als Fundament, nicht als Fassade

Der Erfolg hängt nicht prioritär von der Intelligenz des Modells ab, sondern von der Qualität der Daten, die Sie ihm geben. Bevor Sie sich auf KI(-Agenten) stürzen, sollten Sie folgende Fragen beantworten:


  • Datengrundlage: Haben Sie ein sauberes, zentrales Datenmanagement? Sind Ihre Daten valide, konsistent und nachvollziehbar? Die meisten Unternehmen sind hier noch nicht.

  • Strategie: Haben Sie eine klare Vision, was Sie mit ESG erreichen wollen? Geht es nur um Compliance oder wollen Sie echte Mehrwerte in den Bereichen Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft oder Lieferkettenoptimierung schaffen?

  • Expertise: Arbeiten Ihre ESG- und IT-Experten Hand in Hand? Ohne die enge Zusammenarbeit dieser beiden Abteilungen wird jede KI-Lösung für Nachhaltigkeitsprozesse scheitern.


KI als echter Hebel: Wie Sie es richtig machen

KI ist kein Allheilmittel, aber ein kraftvolles Werkzeug, wenn es strategisch und auf einem soliden Fundament eingesetzt wird. Denken Sie nicht in fertigen Berichten, sondern in echten Anwendungsfällen:


  • Emissionsfaktoren-Mapping: KI analysiert automatisch tausende SAP-Transaktionen und ordnet ihnen die korrekten Emissionsfaktoren zu. Aus "Aluminiumkauf aus China, 500 kg" wird automatisch "9 t CO2eq" – inklusive Transport und regionaler Produktionsbedingungen. Was früher mehrere Tagen manuelle Arbeit kostete, erledigt die KI in Echtzeit.

  • Lieferkettenoptimierung: KI-Modelle können Anomalien in der Lieferkette erkennen, die auf Nachhaltigkeitsrisiken hindeuten. Sie helfen, kritische Lieferanten zu identifizieren, die gegen Standards verstoßen.

  • Energieeffizienz: Mit KI können Sie den Energieverbrauch in Gebäuden und Produktionsstätten in Echtzeit optimieren, was nicht nur Kosten senkt, sondern auch den CO2-Fußabdruck reduziert.

  • Datenanalyse: KI kann riesige Mengen an Umwelt- und Sozialdaten analysieren und so Muster erkennen, die Menschen entgehen würden. Das hilft, fundiertere Entscheidungen zu treffen und Risiken proaktiv zu managen.


Der wahre Wert von KI liegt nicht im schnellen ESG-Reporting, sondern in der Fähigkeit, die digitale und grüne Transformation intelligent zu beschleunigen!

Schlussfolgerung: Strategie vor Hype

Die Unternehmen, die den Hype um Agentic AI (im Nachhaltigkeitsmanagement) durchschauen und stattdessen in ihre Datengrundlage und Strategie investieren, werden die Gewinner sein. Sie schaffen nicht nur einen Bericht, sondern eine nachhaltige Wertschöpfung.

Oder, um es mit einer anderen Analogie zu sagen: Der Kauf von isolierten und schick anmutenden KI-Agentenlösungen ist, wie neue Chrom-Alufelgen für ein Auto ohne TÜV zu kaufen. Es sieht toll aus, löst aber nicht das eigentliche Problem.

Lassen Sie sich nicht von einfachen Versprechen blenden. Seien Sie kritisch, stellen Sie die richtigen Fragen und nutzen Sie KI als das, was es ist: ein strategisches Werkzeug, das nur so gut ist wie seine Basis.

 
 
 

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